Sam und sein Verweilen – wie lange wollen Seelen bleiben?

In den Köpfen vieler Menschen gibt es kein größeres Geschenk als dass ein Verstorbener noch bleibt – wenn auch nur als Geist. So wie im Film: Ghost – Nachricht von Sam, wo Sam (Patrick Swayze) stirbt und vom Licht abgeholt wird. Er dreht dem Licht den Rücken zu und geht. Geht um die Schuldigen zu finden, um Molly (seine Geliebte) zu schützen. Geht, um für das Gute zu kämpfen. Das fanden so viele Menschen romantisch, dass der Film 1991 zum Kassenschlager und dann zum meist geliehenen Video wurde. Auch ich kann heute noch viele Passagen des Films auswendig. Heute weiss ich auch, was die Verstorbenen sich wirklich wünschen und unter welchen Umständen sie ihren Hinterbliebenen wie helfen. Gleich vorweg: es gibt ein Happy End, auch wenn wir den Film ein bisschen umschreiben 🥰

Im Ozean des Lebens geht niemand verloren (Photo Pixabay.com)

Der Zauber des Lebens

Im Leben wie im Sterben gibt es Rechte, sogenannte Lebensgesetze. Selbst wenn wir im Leben nie von diesen Gesetzen hören, im Tod erkennen wir sie. Und zwar jeder, ausnahmslos. Eines dieser Gesetze könnte man auf die Szene im Film anwenden. Was geschieht, als Sam stirbt? Das Licht kommt und holt ihn ab. Er sieht hin, überlegt und geht weg. 

Auch das Licht hält sich an Gesetze. Eines der wichtigsten Gesetze ist der freie Wille. Sie koennen Sam also nicht zwingen zu gehen. Im Tod hat Sam aber auch erkannt, was richtig ist. Er weiss jetzt folgendes:

Ich darf noch für einen Moment hier bleiben. Ich sollte mich eigentlich dem Licht anschliessen, kann es auf der Reise aber bitte, kurz innezuhalten, um zu gehen.

Die Hintergründe dazu behandeln wir im Kurs Das Danach.

Und er entscheidet sich dennoch zu bleiben. Das gibt eine Verwarnung, ein Knöllchen. Okay, könnte man denken, oder? So ein kleines Vergehen kann doch nicht großartig was ausmachen.

Könnte man meinen. Aber in dem Moment hat man nicht nur einen Strafzettel, man hat vor allem das Heiligste seiner Seele verraten. Den tiefsten innersten Wunsch der Seele. 

Der Seelenwunsch

Die Seele wünscht sich nämlich nur eines: nach Hause zu gehen. Denn dort, so weiss sie, kann sie alles verstehen. Und dort, so weiss sie, kann sie wirklich eine Hilfe sein. 

Nach Hause
Jede Seele eines guten Menschen drängt es nach Hause (Photo: (c) Verena Radlingmayr, Lindau)

Wenn Menschen sterben, haben sie das dringende Verlangen nach Hause zu gehen. Nur die, die man auf gut österreichisch als “Gretzn” bezeichnet, also als ungute Typen oder fiese Menschen, die haben eher das Verlangen zu bleiben, um sich ihren Sünden nicht zu stellen. 

Diese Menschen hatten im Leben schon kein besonderes Bedürfnis ethisch korrekt zu handeln, und haben es oft im Tod auch nicht. Aber die anderen, die, die wir lieben, die waren gute Menschen. Die waren anständig, korrekt. 

I have to go. I don’t belong this close to the World of the Living. It does not feel right.”

Eurydice, eine Tote, die an den Eingang zur Welt der Lebenden geführt wurde in Cast, P. C.. Goddess of Spring (Ich muss gehen. Ich gehöre nicht hierher, so nahe an der Welt der Lebenden. Es fühlt sich nicht richtig an.)

Liebe lässt frei

Eine meiner schwersten Aufgaben, wenn Menschen nach einem Verlust zu mir kommen, ist Ihnen beizubringen, dass alles seine Ordnung hat. Als 14-jährige fand ich Sam und sein Verweilen romantisch. Als 19-jährige bekam ich Besuch von meinem Opa. Das fand ich nur erschreckend. 

Die himmlische Ordnung kann aufwühlen – aber sie kann auch bezaubern, beruhigen und trösten (Photo: (c) Verena Radlingmayr, Canada, Niagara Falls)

In meiner Praxis gibt es auch viele Kinder, die unter den Zurückgebliebenen leiden. Denn während wir Grossen oft nicht mehr so recht um die göttlichen Lebensgrundlagen. Aber Kinder, die vergessen nicht oder sehr langsam. Kinder sind auch die, die unter der Anwesenheit von Toten leiden. Denn diese Zombies brauchen das Licht der Kinder und nehmen sich, was ihnen nicht zusteht. (Ja, alle Toten, die länger bleiben als vorgesehen MÜSSEN sich am Licht anderer bedienen.)

Aber nur weil jemand geht, ist er noch lange nicht weg. Mein Opa, zum Beispiel. Seit unserer ersten Begegnung ist er wiedergekommen. Er ist wiedergekommen, als ich gelernt habe, was geht und was nicht. Als ich verstand, warum er hier sein darf und was der Unterschied ist zwischen einem Videocall, wie er das macht und einem Verweilen. Er ist wiedergekommen, als ich verstand und sicher war, dass es so in der Form völlig okay ist. Er war am Etappenziel 2 angekommen und von dort aus passt er auf mich auf. (Mehr zu den Etappenzielen steht hier).

Von hier aus springen die Toten in das nächste Reich, sagt man in Neuseeland (Photo: (c) Verena Radlingmayr, Cape Reinga, Aotearoa/New Zealand)

Unser Wunsch jemanden fest zu halten, ist menschlich, verständlich, normal. Man kann sich damit trösten, braucht sich dem Schmerz nicht zu stellen oder zumindest scheint der Schmerz erträglicher, wenn der geliebte Mensch noch da ist. 

Ich habe selbst Verluste erlebt, die ich nicht wollte. Das lehrte mich die Trauer, es lehrte mich Bescheidenheit und Demut und die vollkommene Akzeptanz. Auch wenn ich nicht alles im Leben so sehen kann, manches, insbesondere diese Verluste, kann ich im Licht dieser Wahrheit sehen. Und Sie können das auch. 

Wenn Sie Fragen zur Reise des Lebens haben, melden Sie sich. Ich stehe Ihnen gerne solange bei, bis Sie selber wieder alles managen können. Abhängigkeit und Dauerhilfe gibt es hier nicht. Meine Unterstützung hat ein Ziel: Sie selbst zu befähigen mit den Wogen des Lebens umzugehen. 

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